D-MODI

Als wir – Mo und Dirk – im Jahre 1995 unsere Ausbildung zum Sportpiloten auf einer C 22 des Herstellers Comco Ikarus beendet hatten, traf sich die ganze Gruppe zum Abschluss der Saison am 3. Dezember 1995 auf dem Flugplatz EDLS (Stadtlohn) zu einer gemeinsamen Party.

Unserem Fluglehrer war es gelungen, zu dieser Gelegenheit den Prototypen eines gänzlich neuen Flugzeuges von Comco Ikarus zu organisieren, den wir bestaunen und fliegen konnten. Es war die erste Ausgabe der C 42, von der wir alle total verzückt waren.

Die Sache ließ uns keine Ruhe und gleich zu Beginn des neuen Jahres bestellten wir per Fax am 12. Januar 1996 eine Maschine dieses Typs, obwohl die allgemeine Verkehrszulassung noch fehlte und eine Auslieferung überhaupt nicht absehbar war.

Aber ein Wunschkennzeichen durften wir uns schon mal aussuchen:

Die gewünschte und originale Kennung unseres Flugzeuges auf der später abgetakelten Flächenbespannung

Damit hatte es folgende Bewandtnis: In der Fliegergruppe hatten wir uns mit einem Dietrich angefreundet, der noch verrückter auf die Fliegerei war als wir. Er wollte auch eine C 42, aber nur nebenbei, weil er schon mit der Ausbildung für eine größere Maschine begonnen hatte. So ergab sich eine Haltergemeinschaft von drei Personen, was übrigens auch gut zu dem Anschaffungspreis von rund 75.000 DM passte. Diese Gemeinschaft wurde nun durch die Kennung des Flugzeuges dokumentiert: D steht in unserem Fall für Dietrich und MO DI für uns beide.

Als Dietrich nach kurzer schwerer Krankheit im Frühjahr 1999 verstarb, blieb für die restliche Haltergemeinschaft nur noch MODI übrig. Dieses Kürzel ist zu einer Namensbezeichnung geworden, unter der unser Flugzeug bei vielen Fliegern bekannt ist.

Es sollte noch mehr als ein Jahr dauern, ehe wir unsere D-MODI in Empfang nehmen konnten. Sie wurde im April 1997 als 18. Maschine der Baureihe fertig gestellt und uns am 15. des Monats übergeben.

Als die C 42 Ende 1996 auf den Markt kam,
war sie für die U(ltra) L(eicht) – Fliegerei
Wegbereiterin und Trendsetterin zugleich.

Sie sah aus wie ein „richtiges“ Flugzeug, flog sich aber – wie selbstverständlich – mit einer Leichtigkeit und Gutmütigkeit, als wenn es diese Art von Fortbewegung für den Menschen schon immer gegeben hätte. Schon alsbald wurde sie auch „VW der Lüfte“ genannt.

Dass es zu dieser Entwicklung kommen konnte, ist glücklichen Umständen zu verdanken. In den 80er Jahren befand sich die private Motorfliegerei in einer Sackgasse: antiquiert, zu teuer, überreguliert! Dadurch entwickelte sich ein alternativer Ansatz: unkonventionell, einfach, intelligent! Die Philosophie dahinter lautete, mit möglichst geringem Aufwand maximalen Flugspass zu erreichen. Nach anfänglichen Auswüchsen mit vielen Personen- und Sachschäden gelang es, klare gesetzliche Rahmenbedingungen vorzugeben: die Abflugmasse durfte 450 kg nicht überschreiten, das Gerät muss einen Rettungsfallschirm haben und ab 65 km/h fliegen können. Dieser Minimal-Ansatz führte zu einem geistigen Wettlauf der Erfinder und Ingenieure, der immer noch andauert und zum Teil Ergebnissen gebracht hat, die bis dahin unvorstellbar waren. Faszinierende Leistungen in dem Segment haben die gesamte Fliegerei belebt.

Teil-Demontage anläßlich einer großen Inspektion nach zwölfjähriger Betriebsdauer

Die D-MODI hatte bei Auslieferung ein Leergewicht von 262 kg, war also nicht schwerer als ein großes Motorrad. Sie besteht hauptsächlich aus einem Alu-Rohr von vorne bis hinten (auf dem obigen Bild schaut dessen Ende unter dem Seitenleitwerk hervor), an dem alle sonstigen Teile wie Motor, Sitze, Fahrwerk, Rumpf und Flächen angeschraubt sind. Sie kann also zerstörungsfrei zerlegt werden, was unter dem Aspekt der Reparaturfreundlichkeit gar nicht hoch genug einzuschätzen ist.

Der Rumpf der C 42 besteht aus einem Alu-Rohrrahmen mit GFK-Verschalung, deren Unterseite hier zu sehen ist. Er ist robust und pflegeleicht, bedarf keiner besonderen Wartung.

Die Tragflächen und das Leitwerk haben eine gleichartige Unterkonstruktion, sind aber mit Tuch bespannt. Es handelt sich um eine Folie, die auch bei Hochleistungs-Surfsegeln Verwendung findet.

Die Oberflächenbespannung ist weder aerodynamisch noch vom Material her optimal. Versuche mit starren Flächen haben auch bei der C 42 deutlich bessere Flugeigenschaften ergeben. Zudem hat das Tuch eine nicht unerhebliche UV-Empfindlichkeit, weshalb es von Zeit zu Zeit ausgewechselt werden muss. Bei der MODI war das nach gut 10 Jahren der Fall, an markanten Stellen begann die obere Schicht der Folie sich großflächig vom Trägermaterial zu lösen.

Oktober 2007 in der Werft des Flugplatzes EDLT (Münster-Telgte): die neu bespannten Flächen

Da die Maschine zu diesem Zweck ohnehin erheblich demontiert werden musste, haben wir die Gelegenheit genutzt und zugleich die bereits arg verkratzte Kunstoff-Verglasung ebenfalls erneuert:

Alsdann musste natürlich alles wieder zusammen gebaut werden:

In dem großen Hangar des Flugplatzes EDLT: hier, an ihrem Stellplatz, wird die MODI wieder zu einem Flugzeug
Dabei sah sie zwischendurch von vorn so aus wie eine Micky Maus

Flugerfahrung: Die ersten 10 Jahre

Die UL-Fliegerei wurde von Leuten voran getrieben, die sich gewünscht hätten, selbst fliegen zu können. Für sie hat ein Fluggerät in etwa die gleiche Bedeutung wie ein Rollstuhl für einen Beinamputierten; der Zustand des Fliegens ist für sie eine Erweiterung des persönlichen Freiraums mit technischer Hilfe, der Flieger ihr besonderes Werkzeug, dessen Beherrschung sie in die Lage versetzt, die fehlende Fähigkeit des Selbstfliegens teilweise realisieren zu können.

Unter diesem Aspekt ist jeder eigene Flug ein persönliches Erlebnis und nicht nur eine Fortbewegung durch die Luft. Flugerfahrung sammeln bedeutet, das Fliegen mit allen Sinnen erleben zu wollen. Dafür steht der profane Begriff des Sportpiloten, von denen es allerdings nicht viele gibt. Die meisten Flugzeugführer sind eher Schönwetterpiloten, welche sich Genuss und Entspannung in einem abgeschirmten Cockpit mit größtmöglicher Geborgenheit vor störenden Verhältnissen wünschen. Für diese Art von Piloten sind UL-Flugzeuge weniger geeignet, wenngleich der Markt mittlerweile auch für sie Geräte bereit hält.

Wer den Zustand des Fliegens „hautnah“, also nicht sinnlich, sondern mit allen Sinnen erleben will, ist in einer C 42 der ersten Baureihe (A) noch gut aufgehoben. Zwar gewährt sie nicht mehr ein so unmittelbares Flugerlebnis wie ihre Vorgängerin C 22, dafür aber einen größeren Aktionsradius.

Leider wurde die besonders geschätzte Vollverglasung der Türen, wie sie zunächst vorgesehen und beim Prototypen auch noch vorhanden war, für die Serienfertigung gestrichen, was die Rundumsicht deutlich beeinträchtigt.

Nur bei unserer MODI sind – auf ausdrücklichen Wunsch hin – auch die unteren Türfelder verglast worden, für den Blick nach unten eine wohltuende Besonderheit.


Die MODI ist in Europa ziemlich viel und weit herum gekommen, von Schweden bis Italien, von England bis Tschechien. Daran waren allerdings mehrere Piloten beteiligt; alleine ein Flugzeug zu halten und selbst zu warten, ist nicht unsere Sache. Im Laufe der Jahre gab es daher verschiedene Haltergemeinschaften, die allesamt für uns eine echte Bereicherung darstellten. Besonders hervorzuheben ist die Beteiligung von Waldemar, mit dem zusammen Dirk im Jahr 2007 Tannkosh besucht hat, zur damaligen Zeit das größte Fliegertreffen Europas auf dem Flugplatz EDMT (Tannheim) in Baden-Württemberg.

Tannkosh ist ein Kofferwort aus Tannheim und Oshkosh (Wisconsin), wo jedes Jahr für sieben Tage das weltweit größte Fliegertreffen stattfindet. Die Veranstaltung in Tannheim ist 1993 aus der UL-Szene heraus entstanden, fand ebenfalls jährlich statt, umfasste alle Arten von Flugzeugen und war 2007 bereits legendär. Das letzte Treffen war 2013, auf dem es zu einem Flugunfall gekommen ist. Die Air Show in Oshkosh läuft nach wie vor.

Wir hatten einen Zwischenstopp auf dem Flugplatz EDMJ (Jesenwang) gemacht, bei Kerstin in München übernachtet, und wollten einen Abstecher in die Alpen unternehmen.

Das Wetter war uns hold. So konnten wir an München vorbei und über den Starnberger See hinweg in die Alpen aufsteigen:

Das Alpenpanorama südlich von München, nachdem sich der morgendliche Dunst ein wenig gelichtet hatte

Nachdem wir Richtung Westen beigedreht und die ersten 2000er passiert hatten, kamen linker Hand das Zugspitzmassiv und auf der rechten Seite der Eibsee in Sicht:

Als wenig später ein großer Einschnitt das Gelände nach Norden öffnete, änderten wir unseren Kurs Richtung Nord-West auf Füssen zu.

Plötzlich tauchte aus dem Dunst das Schlösschen Neuschwanstein auf, als wenn es der wunderbaren Tour einen Schlusspunkt setzen wollte:

Wir nahmen in Gedanken Abschied von der schönen Berglandschaft und steuerten den Flugplatz Tannheim an in der Erwartung, dort auf ein Großereignis der besonderen Art zu treffen. Hatte es doch geheißen: Jeder Flieger muss einmal in Tannkosh gewesen sein.

Wir wurden nicht enttäuscht!

Das riesige Gelände war gut gefüllt mit Flugzeugen aller Größen und Ausführungen aus Europa sowie einige auch aus Übersee. Die Stimmung war gelöst, es gab viel zu sehen. Wir erhielten einen Standplatz zugewiesen und schauten uns um.

Am Start von EDMT: Nachdem die Neuankömmlinge ihre Flieger abgestellt hatten, beobachteten viele die laufenden Vorführungen. Links zwei startbereite Flugzeuge in Warteposition vor dem Aufrollen auf die Piste

Es gab sehr unterschiedliche Flugzeuge zu bestaunen. Auffällig war die große Anzahl von alten Maschinen aus dem ehemaligen Ostblock:

Am Empfang hing eine große Fliegerkarte von ganz Europa mit allen Flugplätzen. Da konnten alle Teilnehmer das Kennzeichen ihres Fliegers an dem Platz anheften, wo er stationiert war.

Das haben wir natürlich auch gemacht, wie auf dem neben-stehenden Kartenausschnitt dokumentiert ist.

Am Abend kam ein schweres Gewitter auf und in der Nacht regnete es stark. Also musste die MODI tags darauf nach dem Zusammenpacken der Zelte noch bis zum Rückflug als Wäscheständer herhalten: